... ich bin noch nicht in dem Alter, da man Memoiren zu schreiben beginnt...
... und doch habe ich das Gefühl, ich solle den Nachgeborenen ein paar Tips geben, denn es passieren gerade Dinge, die mir bekannt vorkommen. Als wir es vergeigt hatten, die DDR zu reformieren *) und stattdessen die Grenze offen und der Staat am kollabieren war, war da eine Bundesrepublik, die ein Netz unter uns Traumtänzer spannte. Ob wir das so wollten oder nicht, spielt keine Rolle. Ob wir pro oder contra Einheit waren, ist gleichgültig. Das Heft des Handelns war uns entglitten.
Ich fange vielleicht mal bei diesem Dokumentarfilm an:
Ziemlich am Anfang wird die Offene Arbeit vorgestellt: Jugend 86 in Saalfeld, im Film wäre ich wahrscheinlich auch aufgetaucht, doch da war ich gerade als "Spati" im Norden der Republik stationiert.
Viele der Protagonisten von damals denken mit nostalgischen Gefühlen an diese Zeit, viele können auch heute noch großartige Reden halten, aus denen hervorgeht, daß wir alles richtig gemacht haben. Diese Freunde sind unangenehm berührt bis maximal angepißt, wenn ich zum Thema frei nach "Easy Rider" sage: "Wir waren nicht die Größten. Wir waren Blindgänger".
Zugegeben: ich war als behütetes Bübchen vom Lande mit sozialromantischen Rosinen im Kopf in die großstädtische "offene" Szene geraten und diese Erfahrung war vielleicht zu intensiv, um verallgemeinert werden zu können. Vielleicht rührt meine rückblickende Bewertung, auf einen Irrweg geraten zu sein, daher. Ach ja, ich war Blueskunde und Tramper, und das aus voller Seele. Das ist ein Teil von mir, ob es nun ein Irrweg war oder nicht. Ambivalente Sache.
*) Niemand von den Bürgerrechtlern dachte, daß die Mauer fallen könnte. Wir waren Reformer innerhalb des Systems. Wir haben aus Versehen das System gesprengt. Wenn jetzt, wegen der Experimente postmoderner Traumtänzer, der Staat kollabieren wird, ist da niemand, der uns auffängt. Das ist der Unterschied.
